Ankommen in Deutschland
28.07.2005

Vor einer Viertelstunde bin ich aus unruhigem Schlaf aufgewacht und immer noch todmüde. Beim Gewitter heut morgen um 5 Uhr war ich hellwach, donnern und blitzen wie bei Granateneinschlägen, nur unendlich entfernt davon, so kam ich mir vor. Die erste Nacht zum richtigen Durchschlafen, habe mich müde gefühlt, als wäre ich von einem zweimonatigen Dauerlauf durch die Sahara zurückgekommen.
Und jetzt sitze ich im Garten unter dem schattigen Kirschbaum, die Luft flimmert in 35°C. 300 Meter hinter der Tannengrenze unseres Gartens fahren Autos im gleichmütigen Rauschen über die Bundesstraße. Im Stundentakt höre ich die Regionalbahn a unserem kleinen Bahnhof quietschen. Der Wind schaukelt die Köpfe der Sonnenblumen.
Mein Vater hat den garteneigenen Knoblauch geschält und hält mir seine stinkenden Hände feixend unter die Nase. Meine Mutter hat sich nach der Gartenarbeit mal wieder eine Zigarette angesteckt und ich sitze wie immer genau auf der Seite, auf die der Rauch zieht…Wir reden über unsere Pläne diese Woche, ich wollte „Madagascar“ ansehen, meine Eltern auf den Brocken klettern, zusammen mit Hagen abends mal essen gehen. Der ist auch gerade erst aufgestanden. Ob er genauso schlecht geschlafen hat, wie ich? Ob er auch von Verlustängsten geträumt hat?
Die Fotos waren gestern Abend schnell gezeigt, aber ich habe längst noch nicht alles erzählen können.
Und so sitze ich hier, starre in den diesig blauen Himmel, sehe den Kohlweißlingen und Spatzen zu und brülle meinen Hund an, weil er ohne Vorankündigung hinter meinem Stuhl anfängt zu bellen und mir damit fast einen Herzinfarkt verschafft.
Eigentlich warte ich darauf duschen gehen zu können, aber Kristin war schneller als ich und besetzt meine Kabine. Eigentlich streiche ich gerade Meggle - Sahnekäse auf mein Brötchen und trinke Milch mit Kaffee. Eigentlich laufe ich am 24-Stunden-Laden und am Internetcafé vorbei, den Berg hinunter, an Fußball spielenden Kindern vorbei, hinunter zur Kathedrale, in den bunten Menschenrausch fremder Stimmen hinein, an den Srebrenica – Gedenktafeln vorbei, über das dreckige Flusswasser, hoch zur Brauerei, immer weiter.
Es wird wohl noch ein wenig dauern, bis ich wieder in Deutschland angekommen bin.

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