Sterben wie ein Krieger
28.07.2005

Es ist Nacht in Sarajevo. Ich habe mich mit IHM getroffen, um über seine dunkelste Zeit im Leben zu reden. ER ist Bosnier, Muslim. ER liebt sein Land und seine Heimatstadt Sarajevo und er hat getötet. Damals. Im Krieg. Der Himmel ist sternenklar. Wieviele Menschen mögen wohl damals während des Krieges nachts hoffnungsvoll in den Himmel geschaut haben mit der Hoffnung, der Wahnsinn würde ein Ende nehmen? ER erzählt mir von der Zeit, als sein Volk noch dumm und naiv war, wie er sagt. Von der Zeit, als alle noch dachten, die serbischen Truppen würden sich zum Schutze der Stadt auf den Hügeln um Sarajvo postieren. Doch dann wurde sein Volk angegriffen, die Stadt sollte ethnisch gesäubert werden und er musste kämpfen. Ich merke, wie ER versucht seine Wut über das Geschehene zu zügeln und sich selbst zu beruhigen, um das Interview mit mir weiterführen zu können. "Wir können nicht rückgängig machen, was damals dem muslimischen Volk angetan wurde", sagt er traurig, "und es gibt auch keine Gerechtigkeit, die die Wunden verheilen lässt! Doch wir müssen in die Zukunft schauen."Ich frage ihn, wie für ihn die Zukunft Bosniens und Herzegowinas aussieht. "Das ist nicht so leicht in ein paar Sätzen zu beantworten", meint er, doch den jetzigen Frieden hält er für fragwürig. Alle Organisationen und Militärtruppen im Land würden ihm und seinem Volk nicht viel bringen. "Sie reden uns ein, dass wir ohne sie nicht leben können, um uns abhängig von ihnen zu machen. Sie wollen uns Angst machen vor einem neuen Krieg." Doch der Krieg würde nur kommen, wenn sich auch in zehn Jahren nichts geändert hätte, wenn das Land immer noch von einem hohen Repräsentanten geführt werden würde, und man immer noch seinem Volk einreden würde, es könne sein Land nicht selbst regieren." Wir haben alle Bedenken, ob es einen neuen Krieg geben würde, doch wir alle sind müde. Wir wollen einfach nur anständig leben", flüstert er gedankenverloren und zündet sich eine neue Zigarette an. Dann ist Stille. Beschämt schaue ich zum Boden. Denn ich komme aus einem Land, dass auch sein Militär nach BuH geschickt hat, um DEN Frieden zu sichern, der anscheinend nichts wert ist. Der den Menschen wohl wirklich nicht mehr bringt, als sie durch Angst zu lähmen und sie zu Dingen zwingt, die mit der Angst, von der internationalen Gemeinschaft verlassen zu werden, erpresst werden. Das macht IHN wütend. "Bevor ich mir so einen Frieden gefallen lasse, sterbe ich lieber wie ein Krieger in einem neuen Krieg!"

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