Death of EUFOR Soldier
26.07.2005

Press Release 26 July 2005: Death of EUFOR Soldier
„A EUFOR soldier, from the Austrian contingent, died early this afternoon at Camp Eaglebase, Tuzla. The circumstances of his death are being investigatedby the appropriate authorities. No other person is thought to be involved in the incident.
The Austrian national authorities and the next of kin have been informed.“

Es ist nur eine kleine Pressenotiz auf der offiziellen Seite der EUFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina: Ein 22jähriger EUFOR-Soldat aus Oberösterreich hat sich das Leben genommen, an dem Tag, an dem wir aus Sarajevo abreisten.

Selbstmord. Wie sagte uns Oberstleutnant Henn, Presseoffizier der Bundeswehr bei der EUFOR in Sarajevo? Selbstmord käme auch vor, jedoch bislang nicht in seiner Dienstzeit bei der EUFOR.

„In den vier Monaten Einsatz in Bosnien-Herzegowina gibt es keine Heimreise. Große Probleme mit dem seelischen Zustand der Soldaten haben wir aber nicht.“, betonte Henn. Immerhin kümmere sich ein Team aus Truppenpsychologen und anderen Fachleuten um Auffälligkeiten, gäbe es Fitnessräume, Kino und jede Menge kleiner Clubs auf dem Kasernencamp.
Trotzdem steht auf dem sonnig-staubigen Appellplatz ein Gedenkstein mit den Namen der Kameraden, die ihr Leben hier ließen. 15 Messingtafeln erinnern an jene, die durch Unfall, Krankheit oder eben Selbstmord nicht mehr in die Heimat zurückkehrten.

Der Dienst muss schwer sein in einem fremden, zerstörten und zerrissenen Land. Bei unserem Pressetermin hatten wir nur die Chance, einen kleinen Einblick zu bekommen in das, was die Europäische Union mit der Operation ALTHEA meint. ALTHEA kommt aus dem griechischen und bedeutet „Die Heilende“. So verstehen sich auch die Aufgaben der EUFOR-Soldaten: Sie sollen helfen, die Wunden des Krieges und des Hasses zu heilen. Oberstleutnant Henn hatte uns das im Lehrsaal der Pionierkompanie in Sarajevo anschaulich und mit einer ganze Reihe von Power-Point-Folien erklärt. „Wir wollen Hilfe sein zur Selbsthilfe, den Leuten die Chance geben, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Wer hier mit erhobenen Zeigefinger herkommt, ist fehl am Platz.“, doziert der stämmige Offizier leidenschaftlich.

Vor allem junge Männer sind (wie in sicher jeder Armee der Welt) in Bosnien-Herzegowina stationiert. Gerade mal 40 der rund 1000 Bundeswehrangehörigen im EUFOR-Camp in Sarajevo sind Frauen. So wundert es nicht, dass die „toughen Jungs“, wie der Presseoffizier „seine“ Soldaten stolz nennt, grinsend und einander anstoßend die jungen Kolleginnen unserer Journalistengruppe registrierten. Beziehungen zwischen Soldatinnen und Soldaten sind per Erlass erlaubt, aber selten lange glücklich, erfahren wir. Auch sonst ist die psychische Belastung sehr groß: Probleme mit der Aufgabe, die lange Zeit der Trennung von der Familie und häufiges Zerbrechen von Beziehungen machen es den jungen Männern und Frauen im Auslandseinsatz nicht leicht.

Einer von ihnen sah nun offensichtlich keinen Ausweg: Er nahm sich das Leben. 22 Jahre war er alt, das war auch das Durchschnittsalter unsere Journalistengruppe in Sarajevo. Es ist ein Österreicher, aber genauso gut hätte der 22jährige aus Halle stammen können, aus Bernburg oder Salzwedel. Er hätte mit uns im Bus sitzen, den Botschafter und die Bürgermeisterin treffen und mit Gleichaltrigen aus Bosnien, Kroatien, Mazedonien oder Serbien diskutieren können. Er hätte sich wie wir das Tunnelmuseum angesehen und sich beim Pressetermin im EUFOR-Camp vor einem staubigen Schützenpanzer fotografieren lassen.
Er wäre abends mit uns lachend durch die Straßen von Sarajevo geschlendert und hätte nach 10 Tagen am Ende der Reportagereise den Daheimgebliebenen berichtet, wie ungewiss die Zukunft dieses Landes ist und dass man unbedingt etwas tun müsse.

Er aber war Soldat und hat versucht, zu helfen. Am Ende konnte er sein Leben nicht mehr ertragen, sich selbst nicht helfen. Vielleicht hat seine Freundin sich zuhause neu verliebt. Vielleicht fühlte er sich eingesperrt. Vielleicht gab es Probleme mit den Kameraden im Camp. Vielleicht trennten sich seine Eltern. Er musste ohnmächtig aus der Ferne zusehen.

Es ist nur eine kleine Pressenotiz auf der offiziellen Seite der EUFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina: Death of EUFOR Soldier.

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