Wir wollen berichten über eine Stadt, die länger als jede andere belagert wurde. Eine Stadt, die immer noch dreigeteilt ist. Wir wollen berichten über eine Stadt, die die Verbindung ist zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd. Eine Stadt, in der es im Sommer unglaublich heiß und im Winter so kalt ist, dass dort sogar die Olympischen Spiele stattfanden. Wir wollen berichten über Sarajevo.

Sarajevo liegt 1382 Kilometer entfernt von Magdeburg. 1382 Kilometer durch Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Wir waren dort mit 25 Nachwuchs-journalisten. Wir wollten die Geschichte entdecken, wollten hören, sehen, spüren. Das erfahren, was die Welt schon längst vergessen hat.

Das Erste was an Sarajevo auffällt, ist, dass die Stadt furchtbar durcheinander ist.

"Durcheinander" ist der Eindruck, der uns während der gesamten Reise begleitete. Sarajevo ist Chaos und Ruhe in einem. Sie ist wie eine Schürfwunde: Es gibt Regionen, die es schlimm getroffen hat, mit tiefen Furchen und Verletzungen. Dann gibt es Teile, die nur leichte Schäden davon getragen, und Gebiete, die gar nichts abbekommen haben.

Die Menschen in Sarajevo sind sehr freundlich und hilfsbereit. Sie wollen europäisch sein, europäisch leben. Es gibt Geschäfte mit teurer westlicher Kleidung, Restaurants und Supermärkte. Doch das ist nur, wie es von außen scheint.

Denn der Konflikt ist immer noch da. Es leben immer noch Serben neben Bosniaken, Muslime neben Christen, Täter neben Opfern. Der Konflikt wird verschwiegen und unterdrückt. Die Medien negieren ihn und die Regierung weist jede Schuld von sich.

Jeder möchte berücksichtigt werden. Allein Sarajevo hat drei Bürgermeister: einen kroatischen, einen serbischen und einen bosniakischen. Und so ist es im ganzen Land. Es gibt über tausend Minister, allein 60 Prozent des Landeshaushaltes wird für Regierung und Verwaltung ausgegeben. Nur 40 Prozent erreicht die Bevölkerung: die Alten und die Jungen.

Einer der Jungen, die wir kennen gelernt haben, heißt Muhamed. Muhamed ist 21 Jahre alt und Muslim. Muhamed will bleiben und - wenn nötig - wird er auch kämpfen. Er meint, es ist wieder schlimmer geworden. Er sagt: "Damals, vor dem Krieg, gab es keinen Grund zum Hass, jetzt gibt es tausende."

Muhammed lebt in Sarajevo.

Aber wer weiß schon, wo Sarajevo liegt?